Ich wünsche Ihnen eine besinnliche Adventszeit und ein friedvolles Weihnanchtsfest

 

Liebe Gäste, hier erhalten Sie einen Einblick in meine Märchenwelt.

 Wenn Sie noch kein Buch von mir haben, besteht die Möglichkeit es über meine Homepage zu bestellen.

"Zauberhafte Weihnachten" macht die Advenstzeit noch ein klein wenig schöner.

 



Leseprobe:

Nikolaus-Lebkuchen-Männer aus dem Backofen

Es war Niklaus-Abend-Tag, und soeben hatte der Bäcker ein großes Kuchenblech voll frisch gebackener Nikoläuse aus dem Ofen gezogen. Sie sahen ein wenig entstellt aus. Die Augen ragten so dick wie Froschaugen aus dem Kopfe heraus. Eine Nase hatte der Bäcker überhaupt für überflüssig gehalten – ebenso die Ohren. Der Mund saß dem einen rechts - dem andern links, und hatte eine  verzweifelte Ähnlichkeit mit Westenknöpfen. Von den Armen und Beinen gar nicht zu reden! Was kümmerte es den Bäcker? Er hatte ja alle seine vier Glieder – und auch recht gut geformt! Die Nikoläuse, die würde er auf alle Fälle verkaufen, ob sie nun wulstige oder spindeldürre Arme - gerade Beine oder nur zwei zugespitzte Klumpen hatten.

Zuerst waren die Frischgebackenen eine Weile still. Sie mussten sich die Welt ringsherum doch erst einmal ansehen. Dann merkten diejenigen, die das Glück hatten geradeaus sehen zu können, dass die Decke der Backstube lachte.  "Warum lachen Chie?" fragte einer, der einen bedauerlich schiefen Mund bekommen hatte.

 „Ach" - entschuldigte sich die Decke“, ich wunderte mich nur darüber, dass der Bäcker es in keinem Jahre fertig bringt, tadellose Nikoläuse zu backen."  „Tadelloch - wach choll dach heichen?“, fragte der Nikolaus und rollte seine schwarzen Korinthenaugen.

Nun mischten sich auch die anderen ein. „Ja - wollen Sie uns bitte eine Erklärung geben, was sie mit dem Wort „tadellos“ gemeint haben?"

„Ach, na ja. Ebenso, wie es sich gehört. Arme und Beine hübsch regelmäßig geformt, der Mund in der Mitte und auch die Augen auf dem richtigen Platz. Aber es ist noch nie vorgekommen, dass der Bäcker solche Männer zustande gebracht hat. Der heilige Nikolaus wird sich bedanken für seine gebackenen Ebenbilder!"

Inzwischen hatte der Bäckermeister sich daran gemacht, ein zweites Blech mit Teigmännern zu belegen. Sie fielen nicht besser aus. Im Gegenteil! Es war haarsträubend, was der Bäcker sich in seiner Schöpferlaune leistete! Kleben zwei Korinthen zusammen, haste zwei Münder. So ging es dem frisch gebackenen Männchen ob rechts auf dem Blech.

 „Es ist empörend!“, rief der Tisch. „Ein Doppelmund! Der wäre bei dem schwatzhaften Bäcker selbst angebracht.“ „Man sollte ihn auch mal kräftig an der Nase ziehen", grollte der Stuhl, „dann würde er sich sicher daran erinnern, dass es sie gibt und sie an die richtige Stelle setzen."

Am hitzigsten aber war der Backofen. „Die Augen sollte man ihm auskratzen und sie ihm auf die Backen kleistern, schrie er wütend. „Ein Skandal ist das! Zum Schluss bleibt ja doch alles an mir hängen."

Nun kam die Frau Bäckermeisterin mit einem Körbchen, stellte die Nikoläuse hinein und trug sie in das Schaufenster, vor dem ein  staunendes Mädchen stand.

„Aah - aah - aah,“ kam es von allen Seiten, „die Herren Nikoläuse!“ Ein Trupp Schulbuben kam die Straße entlang, drückte sich die Nase an der Scheibe platt und rief: „Nikolaus! Nikolaus, komm doch auch in unser Haus!“ Mit ihren Augen verschlangen sie das ganze Körbchen in der Auslage. Die knusprig braunen Männer aus dem feurigen Ofen mussten durchaus den Eindruck gewinnen, als werde ihnen hier unverhohlene, ja begeisterte Bewunderung zuteil.

Einer von ihnen, dem die Augen ungefähr in gleicher Höhe mit dem Munde saßen, dessen obere Kopfhälfte aber dafür außerordentlich viel Platz zum Denken ließ, philosophierte: „Der Geschmack und die Ansichten dieser Welt scheinen sehr geteilt zu sein. Was von dem einem verlacht wird, wird von den andern bewundert.“

Mit dieser Erkenntnis versuchten seine Kameraden - je nach Veranlagung, je nachdem wie man ihnen die Korinthen in den Kopf gedrückt hat und dadurch ihren Gesichtern Ausdruck verliehen hatte, fertig zu werden. Die einen mit Humor, die andern mit Pessimismus, die dritten mit dem Grundsatz der allgemeinen Gelassenheit.

Autor unbekannt. Der Text wurde von mir umgeschrieben





Leseprobe:

In der Weihnachtsbackstube

Romanius streckt die nackten Füße aus seinem warmen Bett und schlüpft in seine Filz-Pantoffeln. Es ist fünf Uhr morgens. Die Kälte lässt ihn erschaudern. Auf dem Weg zum Bad fährt er sich mit den Händen durch die dicken, zerzausten Haare.

„Jetzt aber hurtig“, treibt er sich an, denn er ist immer der erste in der Backstube. Er kann es gar nicht leiden, wenn seine Mitarbeiter unpünktlich sind. Bevor er in Rekordzeit im Bad verschwindet, stellt er die Kaffeemaschine an und streckt noch einmal den Rücken durch, eine Pose, die den kräftigen Bauch zur Geltung bringt. Die blitzgescheiten Augen des Wichtes wirken noch etwas müde, aber spätestens auf dem Weg in die Backstube wird die frostige Kälte die Müdigkeit aus dem zerklüfteten Gesicht des Kleinwüchsigen vertreiben.

Als er den großen kalten Schlüssel in das riecht geheimnisvoll und verführerisch.

Romanius schnürt sich die weiße Schürze um den Leib und faltet die Hände darüber. Sein Blick streift die Arbeitsflächen und den Backofen. Zufrieden, dass seine Mitarbeiter alles sauber hinterlassen haben, tritt er vor das Regal mit den Rezeptbüchern und greift nach einem Buch mit Keks-Rezepten.

Als die Tür aufgeht, weht ein Schwall Schnee herein. Nach einer milden Periode hat  der Winter noch einmal erbarmungslos zugeschlagen. Romanius dreht sich um und schaut in das gerötete, pausbäckige Gesicht von Marleen, die sich den Schnee von ihrem dicken grauen Wollmantel klopft. Sie steht gern früh auf und genießt die ruhigen vertrauten Momente, an denen sie mit Romanius allein in der Backstube steht. „Guten Morgen“, grüßt sie freundlich und strahlt den Zuckerbäcker an. Ihr jugendlicher Überschwang, ihre himmelstürmenden Gefühlsausbrüche und ihr Temperament wird zwar von allen belächelt, aber jeder in der Backstube hat Marleen ins Herz geschlossen.  Der Wind hat ihr die blonden Zöpfe zerzaust, die sie geschickt zu einem Kranz dreht und hochsteckt. Flink lässt sie ihre Haarpracht unter einem weißen Kopftuch verschwinden. Mit einer blütenweißen Schürze vor ihrem üppigen Busen tritt sie hinter Romanius und schaut ihm über die Schultern, - in das Blätterwerk. Die Bücher im Regal riechen allesamt nach Backwerk. Marleen ist ihm ganz nah und atmet den frischen Duft der Seife auf seiner Haut ein. „Ein Honigkuchenrezept?“ „ Ja, damit fangen wir heute an.“ Romanius überlässt ihr das Rezeptbuch, geht in die Vorratskammer und überprüft die Vorräte. So nach und nach treffen auch die anderen Mitarbeiter ein und Begrüßungsfloskeln durchbrechen die morgendliche Stille.

Marleen sucht sich die Zutaten für das Honigkuchenrezept zusammen und stellt sich alles griffbereit auf die Arbeitsfläche. Sie überprüft die Konsistenz des Honigs, lässt ihn in eine Schüssel laufen und verrührt ihn mit Zucker, Salz, Butter und Margarine. Mit Weizenmehl, Bittermandelöl, Zimt und Backpulver verarbeitet sie die Masse mit flinken Händen auf der Arbeitsfläche zu einem glatten Teig.

Romanius kommt direkt auf sie zu und bleibt dicht neben ihr stehen. Er wirft einen zufriedenen Blick auf den Teig und klopft ihr anerkennend mit der Hand auf die Schulter. Marleen zuckt zusammen und augenblicklich wird ihr heiß. Verlegen schaut sie zur Seite. All die Jahre genießt sie die kleinen Vertrautheiten des Zuckerbäckers und hofft, dass sie bei den anderen unbemerkt bleiben. Sie ist das einzige Mädchen in der Backstube und wird von allen verwöhnt. Durch ihre Pünktlichkeit und ihren Fleiß hat sie sich bei Romanius Anerkennung verschafft und im Stillen genießt auch Romanius ihre weiblichen Rundungen und die vertraute Nähe.  Marleen schaut durch die Glasscheibe der Ofentür und sieht, wie der Honigkuchen Form annimmt. Was für ein herrlicher Geruch. Sie presst eine Zitrone für den Guss aus und gießt den Saft mit etwas Olivenöl in den gesiebten Puderzucker. Vorsichtig holt sie den Kuchen aus dem Ofen und lässt ihn etwas auskühlen, damit er besser aus der Form geht.

Der Guss fließt geschmeidig über den Rücken des Kuchens und macht ihn zu einem perfekten Backwerk. Natürlich weiß Marleen, womit sie ihren Zuckerbäcker verwöhnen kann. Eine heiße Tasse Kaffee und frisches Gebäck. Sie macht einen Gang durch die Küche und schaut sich an, was ihre Kollegen gebacken haben. Überall geschäftiges Treiben. Die Weihnachtszeit ist hektisch. Niemand nimmt sich Zeit ein paar Worte mir ihr zu wechseln. Aber Abends, wenn es heimgeht, reden alle in so einem Schwall, als hätten die Worte im Mund Schlange gestanden.

Sie stibitzt sich ein paar Kekse und legt sie auf einen kleinen Teller. Ihre Neugier und Schaulust wird von den Wichten schmunzelnd toleriert. Sie schaut sich nach Romanius um, der vermutlich um diese Zeit im Büro sitzt und die Bestellung für die Backzutaten zusammenstellt. Niemand schenkt Marleen Beachtung, als sie mit einem kleinen Tablett - auf leisen Sohlen - die Backstube verlässt.

Die Tür zum Büro ist nur angelehnt und als sie eintritt, schaut Romanius erfreut auf. "Hm, riecht das köstlich." Zimtsterne, Marzipanmonde und Sahnebrezeln verströmen einen unwiderstehlichen Duft. Marleen stellt das Tablett auf dem Schreibtisch ab und will  gerade wieder kehrt machen, als sich Romanius aus seinem Stuhl erhebt und ihr einen zarten Kuss auf die Wange haucht.

„Danke, du bist ein richtiger Schatz!“ Marleen hört ihren Herzschlag so laut, dass sie automatisch tief Luft holt und die Luft ganz langsam wieder ausstößt. Nun nimmt sie ihren ganzen Mut zusammen und drückt auch Romanius einen Wangenkuss auf. „Mach ich doch gern für dich!“ Oh, Gott, was habe ich gerade getan? Mit geröteten Wangen und wirren Gedanken verlässt Marleen leicht irritiert das Büro.

Eine romantische Weihnachtsgeschichte für lange Winterabende, wie es weiter geht erfahrt ihr in meinem neuen Weihnachtsbuch. 

Gudrun Nagel-Wiemer




Bald ist Weihnachten

Mami, bald ist Weihnachten, stimmt `s ? Lisa goss sich hastig ein Glas Milch ein und verzog keine Miene. „ Wie kommst du darauf “, fragte ich abwesend und legte die Illustrierte auf dem Tisch ab. „ Es ist erst Ende September und noch lange hin bis Weihnachten.“

„ Na, weil es schon wieder Lebkuchen und Pfeffernüsse gibt!“

Lisa stand mit ihren blonden Engelslöckchen vor mir und hatte den typischen Glanz in ihren Augen. Vage erinnerte ich mich daran, dass im Supermarkt schon Tüten mit Weihnachtskeksen in den Regalen standen. Allerdings hatte ich mich geweigert, es bewusst wahrzunehmen. Ich griff nach dem Kaffeelöffel und rührte irritiert in meiner Tasse herum. Der Kaffee war schon kalt und schmeckte bitter.

Mein kleiner Rauscheengel hüpfte von einem Bein auf das andere und ließ mich über die Vorboten des Weihnachtsfestes nachdenken.

„ Noch viel zu früh“, wehrte ich entschieden ab. „ Demnächst möchtest du schon zum Jahreswechsel Ostereier!“ Es ist wirklich unglaublich. In jedem Jahr werden die Weihnachtsartikel früher angeboten.

Nach unserem Sommerurlaub lagen schon die ersten Zuckerringe, Lebkuchen und Marzipankugeln in den Regalen und Verkaufsständern. Man ist noch auf sommerliche Temperaturen eingestellt und denkt nicht mal im Entferntesten an Weihnachten. Stille und verschneite Nächte stelle ich mir ein bisschen anders vor. Woran sollen wir uns erfreuen, wenn es richtig kalt ist in der dunklen, trüben Jahreszeit, wenn gleich nach dem Mittagessen die Sonne untergeht man sich nach warmen, gemütlichen Teestunden sehnt und mit dicken Wollsocken durch die Wohnung läuft?

Erst dann ist die Zeit der Weihnachtskekse und der Christstollen. Wenn einem der Atem an den Scheiben gefriert und wir durch den kleinen Löchern an der Scheibe den tanzenden Schneeflocken zuschauen können, erst dann schmecken die festlichen Leckereien.

„Wir können doch schon mal eine Packung Dominosteine kaufen!“

Lisa kam näher und zog an meinem Rockzipfel. „ Aber doch nicht im Spätsommer!“ Lisa schaute mich verständnislos an. „ Wie lange ist es denn noch bis Weihnachten, Mami?“

„ Ende November kaufen wir erst einmal einen wunderschönen Weihnachtskalender für dich, aber darauf musst du noch ein Weilchen warten.“

Ich streichelte ihre füllige Lockenpracht und schaute ihr nach, als sie triumpfierend davonlief.

„ Au ja, - einen Weihnachtskalender“, jubelte sie. Ich griff nach meiner Zeitung und widmete mich kopfschüttelnd und schmunzelnd dem nächsten Artikel.

Weihnachten! - Wer denkt jetzt schon an Weihnachten!

Gudrun Nagel-Wiemer





Eine lustige Weihnachtsgeschichte

Der alte Christbaumständer

Autor unbekannt ( Von mir etwas umgeschrieben)

Beim Aufräumen des Dachbodens - kurz vor Weihnachten - entdeckte Friedel, versteckt in einer schummerigen Ecke, einen uralten verstaubten Christbaum-Ständer. Es war ein besonderer Ständer, mit einem Drehmechanismus und einer eingebauten Spielwalze. Wenn man die Spielwalze aufzog, erklang das Lied „Oh, du fröhliche“. Das muss der Christbaumständer sein, von dem Großmutter immer erzählt hat. Der Fuß aus Gusseisen sah fürchterlich aus, - aber mit einem recht geringen Arbeitsaufwand bekommt man ihn sicher wieder sauber und funktionsfähig. Großmutter wird staunen, wenn sie am Heilig-Abend vor dem Baum sitzt und dieser sich auf wundersame Weise zu drehen beginnt, - so wie früher. Es gelang Friedel mit dem antiken Stück ungesehen in den Bastelkeller zu gelangen. Gut gereinigt, eine neue Feder, dann müsste der Mechanismus wieder funktionieren, überlegte er. Einen neuen Anstrich würde er auch erhalten.

Abends zog er sich geheimnisvoll in seinen Bastelraum zurück und fing an zu werkeln. Auf neugierige Fragen antwortete er nur: „Kein Zutritt! Weihnachtsüberraschung!“ 

Kurz vor Weihnachten hatte er es geschafft. Der Ständer glänzte im neuen Silberanstrich. "Jetzt fehlt nur noch die passend Tanne", seufzte er. Knapp 2 Meter sollte sie messen. Auf dem Marktplatz erstand er ein gleichmäßig gewachsenes Exemplar und verschwand damit im Hobbyraum. Er legte den Baum in den Ständer ein und startete auch gleich einen Probelauf. Alles funktionierte bestens. „Großmutter wird Augen machen!“

Endlich war Heilig-Abend. „Ich schmücke den Baum allein“, tönte Friedel. So aufgeregt war er schon lange nicht mehr. Er hatte echte Kerzen besorgt. Alles sollte stimmen. „Na, die werden Augen machen“, sagte er sich bei der letzten Kugel, die er in den Baum hing. Er hatte wirklich an alles gedacht. Der Glasspitze saß oben auf dem Baum, silberne Kugel, Naschwerk, Lametta, Engelshaar und Wunderkerzen waren untergebracht. Die Feier konnte beginnen. Friedel schleppte für Großmutter den großen Ohrensessel herbei.

Feierlich wurde sie von ihrem Sohn Hans zu ihrem Ehrenplatz geleitet. Die Stühle hatte Fiedel im Halbkreis vor den Baum gruppiert. Die Eltern setzten sich rechts und links von Großmutter, die Kinder nahmen außen Platz. Jetzt kam Friedels großer Auftritt. Bedächtig zündete er Kerze für Kerze an, - dann noch die Wunderkerzen. „Und jetzt kommt die große Überraschung!“ verkündete er, löste die Sperre vom Ständer und nahm schnell seinen Platz ein. Langsam drehte sich der Weihnachtsbaum. Hell erklang die Melodie „ Oh, du fröhliche“. War das eine Freude. Vergnügt klatschten alle in die Hände und Großmutter hatte vor Rührung Tränen in den Augen. Immer wieder sagte sie: „Wenn  Großvater das noch erleben könnte, - dass ich das noch erleben darf.“ Eine ganze Weile blickte die Familie auf den sich drehenden, festlich geschmückten Baum.

Ein schnarrendes Geräusch riss sie jäh aus der Versunkenheit. Ein Zittern durchlief den Baum, die silbernen Kugeln klirrten wie Glöckchen. Der Baum drehte sich wie verrückt. Die Musikwalze hämmerte los, es war, als wollte „Oh, du fröhliche“ sich selbst überholen. Mutter rief mit überschnappender Stimme: „So tut doch etwas.“ Vater saß wie versteinert, - was den Baum nicht davon abhielt, seine Geschwindigkeit zu steigern. Er drehte sich so rasant, dass die Flammen hinter den Kerzen her wehten. Großmutter bekreuzigte sich und betete. Dann murmelte sie wieder: „Wenn das Großvater noch erlebt hätte!“

Als erstes löste sich die Glasspitze, sauste wie ein Geschoss durch das Zimmer, klatschte gegen den Türrahnen und fiel auf Felix, den Grauhaar-Dackel, der gerade ein Nickerchen hielt. Der arme Hund flitze wie von einer Tarantel gestochen aus dem Zimmer, in die Küche, aus der man von ihm nur noch die Nase und ein Auge um die Ecke schielen sah. Lametta und Engelshaar hatten sich erhoben und schwebten wie ein Kettenkarussell am Weihnachtsbaum. Vater gab das Kommando: „Alles in Deckung!“ Ein Rauschgoldengel trudelte durchs Zimmer, nicht wissend, was er mit seiner gewonnenen Freiheit anfangen sollte. Weihnachtskugeln, Schokoladenkringel und andere Anhängsel sausten gefährlich durch den Raum und platzten beim Aufschlagen auseinander. Die Kinder hatten hinter Großmutters Sessel Schutz gefunden, Vater und Mutter lagen flach auf dem Bauch, die Hände schützend über dem Kopf. Friedel jammerte in den Teppich hinein: „Alles umsonst. Die ganze Arbeit umsonst.“ Friedel war das alles sehr peinlich. Großmutter saß immer noch auf ihrem Logenplatz, völlig erstarrt, von oben bis unten mit Engelshaar und Lametta geschmückt. Als Schokoladenanhänger an ihrem Kopf explodierte registrierte sie trocken, „ Kirschwasser!“ und murmelte: „Wenn das Großvater noch erlebt hätte!“

Zu allem jaulte die Musikwalze im Schlupfakkord: „Oh, du fröhliche, “ bis mit einem ächzenden Ton der Ständer seinen Geist aufgab. Durch den plötzlichen Stopp neigte sich der Baum in Zeitlupe, fiel auf den Velours-Teppich, die letzten Nadeln von sich gebend. Totenstille. Großmutter erhob sich schweigend, geschmückt wie nach einer New Yorker Konfetti – Parade. Kopfschüttelnd begab sie sich, eine Lametta-Girlande wie eine Schleppe tragend, auf ihr Zimmer. In der Tür stehend sagte sie: „Wie gut, dass Großvater das nicht erlebt hat!“ Mutter war völlig aufgelöst und atmete tief durch. Vater nahm sie in den Arm und sagte: „Wenn ich mir diese Bescherung ansehe, dann ist Friedels große Überraschung wirklich gelungen. Der kleine Fred meinte: „ Du, Friedel, das war echt stark. Machen wir das Weihnachten jetzt immer so?“

Anmerkung: Einen Christbaumständer mit Drehmechanismus gab es tatsächlich in Großmutters Stube. Allerdings ging es Weihnachten sehr viel friedlicher zu.




Weihnachten auf der Burg

Eine Meile hinter der Stadt, auf einem Hügel, lag die verschneite Burg des Königs in der Abenddämmerung. Sie glich schon lange keiner Festung mehr, eher einem riesigen Palast. König Albert residierte in diesem von hohen Kiefern und Fichten umgebenen Schloss über die Menschen im Palast und im Umland.

Das Schloss war ein imposantes Gebäude mit überdachter Frontseite und einer breiten Treppe, - die zum Hauptportal führte. Der Würdenträger war ein schwer reicher Mann und zählte zu den einflussreichsten Herrschern im Land. Viele standen in seiner Gunst. Der gnädige Herr war von großer Gestalt, hatte eine eindrucksvolle tiefe Stimme und einen buschigen Schnauzbart. Seine müden blauen Augen überflogen einige Schriftstücke - bei Kerzenschein - in seinem Schreibzimmer.
Es war der Abend, des 22. Dezembers, - ein kühler Wintertag.

Marie, die Tochter des Königs, stand vor dem Fenster in ihrem Zimmer und konnte vor lauter Eisblumen nicht einmal die verschneiten Baumwipfel sehen. Sie hauchte ein Loch in die zugefrorene Fensterscheibe und sah hinaus. Langsam wurde es dunkel und die Kälte zog durch ihren Körper. Sie legte sich eine dicke Wolldecke über die Schultern und steckte ihre zierlichen durchgefrorenen Füße in klobige warme Filzpantoffeln. Isa, die Mamsell im Zimmer, war gerade dabei den Kamin zu reinigen und neu zu schüren.

Marie erinnerte sich daran, dass ihre Mutter ihr früher erzählte, dass mit Einbruch der Dunkelheit die kleinen Nachtgespenster aus dem Wald kamen und ausgelassen tanzten. Eine Geschichte, die sie in ihrer Kindheit immer wieder gern hörte und die sie unmittelbar mit ihrer Mutter verband. Während die Erinnerungen an ihre verstorbene Mutter zu verblassen schienen, war die Geschichte, die sie ihr früher erzählte, gerade jetzt in der Weihnachtszeit wieder sehr präsent und ließ sie nicht los. Sie rückte dicht an die dicke Glasscheibe und hauchte ihren warmen Atem daran, bis das Loch groß genug war und den Blick auf den Wald freigab. In der Ferne sah sie kleine Schatten die sich bewegten und es sah tatsächlich so aus, als würden kleine Gespenster über den schwarzgrünen Wipfeln dahinschweben.

In der Nacht, vor dem Heilig-Abend, schlief die Prinzessin recht unruhig. Sie hatte einen merkwürdigen Traum. Sie träumte von einem prächtigen Weihnachtsbaum mit funkelnden Lichtern, um den Gestalten in weißen Gewändern tanzten. Waren das die Nachtgespenster aus der Geschichte ihrer geliebten Mutter?

Am nächsten Morgen wurden überall Vorbereitungen für das Weihnachtsfest getroffen. In der Küche ging es hektisch zu. Das Küchenpersonal redete durcheinander, denn jeder hatte der Köchin Vorschläge zu unterbreiten und wollte seinen Teil zum Gelingen des Festes beitragen. Es wurde gebacken und gekocht. Der ganze Hofstaat war eingeladen und durfte einmal im Jahr - zum Weihnachtsfest - mit den hohen Gästen und der Königsfamilie feiern. Die Miene der Köchin drückte Besorgnis aus, doch jeder lächelte ihr huldvoll zu. Die Küchenjungen liefen umher, als wäre der Hofhund hinter ihnen her und die Mägde schnatterten wild durcheinander. Auch die Laufburschen und Stallknechte eilten über den Hof zu den Stallungen. Im Stallgebäude, auf dem Schlosshof, standen die Kühe und Rinder. Hubert, der alte Stallknecht, war nur eine halbe Portion und schlenderte mit einem Eimer über den verschneiten Hof - auf die hölzerne Stalltür zu, um die Kühe zu melken und die Milch anschließend in die Küche zu tragen. Allzu oft setzte er bei dieser Gelegenheit den blanken Eimer an seine Lippen und trank einen großen Schluck von der frischen Kuhmilch. Heute war bei den Rindviechern Unruhe zu spüren. Sie zerrten an den Ketten und schlugen mit ihren Schwänzen. Der Atem der Tiere vermischte sich mit der kalten Luft und stieg langsam wie eine Rauchwolke empor. Der Mist dampfte unter den Hufen der Vierbeiner und verströmte einen beißenden Geruch. Einige Hühner stoben auf und gackerten, als wollten sie ihm an den Kragen. Hubert tröstete sich damit, dass er das Weihnachtsfest im prunkvollen Ballsaal mit all den Bediensteten feiern durfte, - so wie all die Jahre zuvor. Er freute sich innerlich schon auf die gefüllten Truthähne und Weihnachtsgänse, die zu diesem Anlass aufgetischt wurden und auf das Spiel der Hofmusiker mit ihren Querflöten und Lauten.

Auf dem Schlosshof tummelten sich am Nachmittag Artisten, Schausteller und Spielleute. Der König hatte sie alle eingeladen und wollte sich ihre Darbietungen anschauen, bevor er sie für das Fest verpflichtete. Es waren wahre Künstler darunter, aber auch viele Scharlatane. Es galt die Besten für das Weihnachtsfest zu finden, denn es sollte das schönste und prunkvollste Fest im ganzen Jahr werden. Bunte Kostüme wirbelten über den verschneiten Hof. Der Hofkomponist und die Musiker der Hofkapelle dienten dem hohen Herrn und trafen die Vorauswahl. Sie führen die besten Gruppen in den Ballsaal, in dem der König saß und ihnen seine Beachtung schenkte.

Der Schlosshof und der Ballsaal waren die beiden Pole, in denen sich das Leben abspielte. Majestät thronte auf einem antiken Brokatsessel am Ende einer langen Tafel und erfreute sich an den Darbietungen. Die riesige Halle war festlich geschmückt. Lange, von Bänken gesäumte Tischreihen zogen sich an den Wänden entlang, und üppiger weihnachtlicher Tischschmuck glänzte auf den dunklen Holztafeln. Fasziniert schaute der Burgherr auf eine Gruppe, die einen Dschungel – Tanz vorführte. So etwas hatte er noch nie gesehen. Der König zupfte an seinem dunkelgrünen Wams herum, - der das tiefrote Futter durchscheinen ließ. Seine Augen hielten an den wunderschönen Kleidern der Tänzerinnen fest. Der Hofkomponist beugte sich zu seinem Herrn herunter und flüsterte ihm zu. „Majestät, so etwas hat es bei Hofe noch nicht gegeben, darüber würde sich die Prinzessin gewiss freuen!“ Der König ließ die Tanzgruppe zu sich rufen und bat sie darum, noch einmal für ihn zu tanzen.

Am Weihnachtstag meinte es auch die Sonne gut mit Marie und schickte ihre Strahlen - an diesem christlichen Feiertag - auf die Erde. Sie ließ die weißen Schneekristalle in allen funkeln. Im alten Schlossgemäuer war es kalt. Nur das Feuer im Kamin strahlte Wärme in den Raum der Prinzessin. Marie war schon früh auf den Beinen und legte noch ein paar Holzscheite nach, um das Feuer zum Lodern zu bringen. Sie trat vor ihren wohl gefüllten Eichenschrank im Ankleideraum und suchte nach einem passenden Kleid für das Fest. Beherzt griff sie nach einem bodenlangen, grünen Seidenkleid und hielt es sich an. Ihre blonden Locken mussten noch hochgesteckt werden, damit sie stolz und anmutig wirkte. Sie nahm eine ungewöhnliche Pose vor dem Spiegel ein und lachte ihrem Spiegelbild zu. Marie war ein elfenhaftes, zierliches Geschöpf, und mit diesem Kleid würde sie hinreißend aussehen. Sie schlüpfte in die grün schimmernde Tracht, hängte sich eine tiefrote Robe darüber und stellte sich vor den Spiegel. Das Sonnenlicht brach sich im Spiegel, und sie hatte das Gefühl, dass lauter kleine Sonnen um sie herum wären. Sonnen, die mit ihr feiern und tanzen wollten. Sie trat an das Fenster, öffnete es und ließ sie hinein. Die Eiskristalle an den Scheiben wichen zur Seite. Viel zu lange hingen sie an den großen Südfenstern des Schlosses. Heute, da König Albert zum Fest einlud, wollten auch sie unbedingt dabei sein. In ihren wunderschönen weißen Kleidern tanzen. Den ganzen Winter mussten sie ausharren und Trübsal blasen. Niemand hatte sie auch nur ein wenig beachtet. Im Gegenteil, wie oft wurden sie weggeblasen und mussten sich dann neu formieren. Heute wollten sie alle dabei sein, wollten zeigen, dass sie ausgelassen feiern können. Ruckzuck entfernten sie sich von den Fensterscheiben der Südseite und formierten sich an den Fenstern im großen Ballsaal, an denen es kühl und schattig war. Hier wollten sie warten  bis es losging. Der riesige Saal sah prunkvoll aus und heute Abend würden sich zahlreiche hochrangige Gäste hier tummeln. Der ganze Hofstaat wird hier versammelt sein. Sie freuten sich schon auf die schmeichelnden Klänge der Instrumente, die den Raum erfüllen würden und hatten keinerlei Zweifel daran, dass es ein wunderschönes Fest werden würde.



 Wie es auf dem Fest im Schloss zugeht, schildere ich in meinem neuen Weihnachtsbuch.

Dieses Märchen habe ich für eine Tanzschule geschrieben, es wurde von 200 Tänzern in der Stadthalle Braunschweig aufgeführt

Gudrun Nagel-Wiemer



Königin für eine Nacht

Am Rande eines kleinen Dorfes, das nicht mehr als 1000 Einwohner zählte, stand ganz in der Nähe eines Fichtenwaldes eine alte, baufällige Holzhütte mit verwitterten Schindeln. In dieser etwas schrägen, jedoch gemütlichen Behausung lebten die Schwestern Elsbeth und Hannah. Die elternlosen Schwestern waren vom Aussehen und Wesen recht unterschiedlich. Elsbeth war es gewohnt für die jüngere Schwester zu sorgen. Hannah lebte gern in den Tag hinein und hatte eine recht rege Fantasie.

Seit dem Tod der Eltern kämpfte und schuftete Elsbeth für zwei und hatte oft schlaflose Nächte, weil sie nicht wusste, ob sie den langen Winter überleben würden. Ihre Hände zeigten Schwielen und Risse von harter Arbeit, während Hannah sich durchs Leben bettelte und stahl, ohne sich die Hände wirklich schmutzig zu machen. Oft machte sie ein mürrisches Gesicht und war unzufrieden, während Betty immer ein leichtes Lächeln auf den Lippen trug.

Beim Dorfkrämer hatte Elsbeth erfahren, dass auf der alten Burg, die außerhalb des Dorfes auf einer sanften Anhöhe lag, eine Küchenmagd gesucht wurde und war fest entschlossen in der Hof-Küche vorzusprechen.

Auf dem Wochenmarkt war sie der betagten pummeligen Hofköchin und ihren Küchenhilfen schon oft begegnet. Es entging ihr nicht, dass sie das teure Gemüse körbeweise in einem Karren verstauten und zur Festung hinauf fuhren. Oft stand auch die Kutsche mit dem königlichen Wappen in der kleinen  Marktgasse, die im Dorf allerlei Aufsehen erweckte. Elsbeth brauchte diese Anstellung unbedingt und machte sich schnurstracks auf den Weg zur Hofburg. Als sie über den eisigen verschneiten Burghof hinüber zum Küchenanbau schritt, spürte sie, dass sie misstrauisch von den Stalljungen beäugt wurde, die ihre Köpfe aus den dunklen Stallungen steckten. Der Geruch von warmem Dung stieg ihr in die Nase. Ein Bursche im grauen wollenen Umhang trieb eine ganze Herde Schafe durch den Schnee, die laut blökend umhersprangen.

Sie verharrte einen Moment und sah sich das lustige Treiben aus der Ferne an. Unwillkürlich kam ihr das Lied von dem niedlichen Schaf „Schaun“ in den Sinn und sie begann die Melodie munter vor sich hin zu trällern.

Auch die vollbusige Köchin musterte sie schon von Weitem auf eine geradezu dreiste Weise. Sie war rundlich und untersetzt und ihr rosiges pausbäckiges Gesicht wies einige Falten auf, die verrieten, dass sie schlichtweg überfordert war.

Die Küchenhilfen, die am Spülbecken standen und mit Lumpen und Pottasche die Töpfe putzten, blickten von ihrer Arbeit auf und drehten die Köpfe in ihre Richtung. Elsbeth ging schnurstracks auf die Köchin zu.

Das Gespräch mit der erfahrenen Köchin Mathilda verlief gut. Sie wechselten ein paar freundliche Worte, dann holte Betty das alte Buch mit den Rezepten hervor und erzählte ihr von der Wirkung und Heilkraft verschiedener Kräuter. Vieles wusste sie von ihrer Mutter. Sie erwähnte, dass die weißen Dolden der Giersch und der Löwenzahn die Frühjahrsmüdigkeit vertrieben und Brennnesseln das Blut reinigten. Giersch und Löwenzahn ergaben auch einen schmackhaften Salat. Sie wusste, dass man Pilze nicht wusch, sondern bürstete, da sie sonst an Geschmack verloren. Welche Kräuter gut zueinander passten und sich in ihrer Wirkung unterstützen. Bettys freundliche Art und das Wissen um die Kochkunst beeindruckte Mathilda, die schon viele Jahre für den König und seine Bediensteten kochte.

Ein Traum geht in Erfüllung: Elsbeth begegnet ihrer großen Liebe. 

Gudrun Nagel-Wiemer



Im Weihnachtsdorf von Santa Claus

Hoch oben am Nordpol, in einer wunderschönen Schneelandschaft, dort wo der Schnee viel weißer ist als in unseren Breitengraden, liegt das Weihnachtsdorf von Santa Claus. In der Weihnachtswerkstatt und im Postamt herrscht reges Treiben in den Wintermonaten.

Im Postamt, das durch ein großes Schild mit der Aufschrift „North - Pol Post Office“ gekennzeichnet ist, klingelt ununterbrochen das Telefon. Viele Millionen Briefe und Pakete treffen hier jährlich ein. Alles muss bearbeitet werden. Allein würde Santa Claus das niemals schaffen. Seine Engel und Weihnachtswichtel stehen ihm in jedem Jahr treu zur Seite und fassen kräftig mit zu.

Neben dem Postamt steht eine riesengroße Halle. Davor ein prächtiger Weihnachts-baum, der mit seinen Zweigen in den tiefblauen Himmel ragt. Unzählige Lichterketten schlängeln sich um den Baum. Die Kerzen leuchten Tag und Nacht, denn am Nordpol ist es kalt und dunkel. Nur das Nordlicht am Himmel wirft einen leichten Lichtschleier auf das friedliche Weihnachtsdorf und vereinzelt funkeln ein paar Sterne am klaren Nordpolhimmel. Das leuchtende Gelb der aufblitzenden Sterne bringt Wärme in die dunklen Tage und Nächte. Oft formieren sie sich zu wunderschönen Bildern.

Santa Claus sitzt in seiner Blockhütte und schaut auf die Zeiger der massiven, alten Wanduhr. Gleichmäßig schwingt sich das Pendel von Sekunde zu Sekunde.

In der großen rustikalen Holzhütte ist es kuschelig warm und sehr gemütlich. Der Gabenbringer ist ein gutmütiger, alter Mann. Mit seiner korpulenten Gestalt schlendert er durch das geräumige, altmodische Wohnzimmer. Ein dicker flauschiger Teppich bedeckt den größten Teil des alten knarrenden Dielenbodens.

Im Kamin prasselt das Feuer und die Eisblumen - an der Innenseite des Fensters- schmelzen langsam dahin.  Ein verblasster Schaukelstuhl steht vor dem Kamin, ein Haufen säuberlich abgelegter Briefe sortiert daneben. Während er sich die Hände über einer Kerze reibt, fällt der Lichtschein über sein rosiges Gesicht und bringt einige tiefe Falten zutage.

Neben dem Kamin, vor dem Sofa, steht ein kleiner Beistelltisch mit einer Schale frischer Orangen. Der Duft der aromatischen Südfrüchte liegt in der Luft und beflügelt den Greis.

So geht es weiter: Mit seinen Wichten ist Santa Claus sehr streng....das bekommt auch Romanius zu spüren.

Gudrun Nagel-Wiemer



Das Rentier vor dem Weihnachtsschlitten

Im Finnischen Lappland - am Polarkreis, leben große Herden von Rentieren auf einer riesigen Rentierfarm. Die Rentierfarm ist im Privatbesitz der Familie Lassek, die dem Stamm der Samen angehören und seit vielen Generationen Rentiere züchten.

Wenn auf der anderen Seite der Erdkugel Sommer ist, fahren Santa Claus und seine Helfer mit dem Rentier-Schlitten zur Farm der Lasseks, um sich dort die kräftigsten und stärksten Tiere für die Weihnachtstour auszusuchen. Die meisten Rentiere träumen davon nur einmal in ihrem Leben den Weihnachtsschlitten ziehen zu dürfen. Aber dazu müssen sie mindestens eine Kopf- und Rumpflänge von 2m und ein Gewicht von 250 kg haben. Die Rumpflänge und das Gewicht erreichen die Rene meistens erst nach 5-6 Jahren.

Hier oben im Norden, in der kühlen kargen Schneelandschaft der Tundra gibt es reichlich Nahrung für die Rene mit ihren prächtigen Geweihen. Die Herdentiere scharren mit ihren Hufen den Schnee beiseite und suchen nach Gräsern, Kräutern, und Pilzen. Eine besondere Delikatesse sind die kleinen Büsche der Zwergstrauch-Heide.

Zwischen all den kräftigen Tieren stöckelt Lennox auf seinen langen Beinen herum und spreizt die Klauen, um nicht im feinen Schnee einzusinken. Sein Fell ist fast weiß und mit seinem dunklen Fleck auf der Nase sieht er wirklich putzig aus. Santa Claus verliebt sich auf den ersten Blick in das junge Rentier und erfährt, dass es eine Vorliebe für knackige Äpfel hat. Oft trägt der Farmbesitzer einen ganzen Korb voller rotbackiger Äpfel zur Futterkrippe. Das lockt auch die Eulen in der Dunkelheit an, die mit kräftigen Flügelschlägen auf die Futterkrippe zuflattern.

Über dem Weihnachtsdorf liegt der dunkelblaue Sternenhimmel. Am Horizont sind ein paar kleine Wölkchen zu sehen, die wie flauschige weiße Schäfchen aussehen. Eiskalte Luft brennt auf der Haut des Gabenbringers und lässt ihn erschaudern. Die Wangen und die Nasenspitze über dem flauschigen weißen Rauschebart sind von der Kälte gerötet und sein Atem steigt stoßweise in kleinen Wolken auf. Er trägt gefütterte Lederstiefel mit dicken Gummisohlen. Ein Eingeständnis an das Alter wie er gern sagt, und um große leise Schritte machen zu können.  Seine pelzbesetzte dicke Kutte schleift durch den Schnee, als er zum Stallgebäude hinüberstiefelt und unter einem kräftigen Stöhnen das schwere, hölzerne Rolltor aufschiebt. Santa Claus kneift die Augen zusammen und blinzelt ins Halbdunkel. Gleich hinter der Tür hängt die Petroleumlampe. Behutsam tastet er nach dem verrosteten Haken in der Wand und hängt sie ab. Mit einem Griff in die Manteltasche holt Santa die Schachtel mit den Schwefelhölzchen hervor, streicht eins an der rauen Seite der Schachtel an und führt die Flamme an den Docht der Lampe. Als es hell wird schmunzelt er. Vorsichtig stellt er die Laterne auf einem Holzschemel ab und reibt sich die kalten, steifen Hände darüber.

In diesem Moment glätten sich seine derben Gesichtszüge und über seine Wangen laufen ein paar Tränen, die von der Kälte hervorgerufen werden und im flauschigen Bart versickern. Sein Blick fällt hinüber zum Ziegenstall. Übermütig springen die jungen Zicklein auf ihre stelzenartigen Beine, um ihn meckernd zu begrüßen. Er schmunzelt über die Kleinen, die sofort angelaufen kommen, in der Hoffnung einen Leckerbissen zu erhaschen. Aus dem Schatten in der Ecke dringt das Meckern einer Geiß.

Auch Rudolf steckt sein majestätisches Geweih und den kräftigen Rumpf  aus seiner Box, als es im Stall hell wird und er die schlurfenden Schritte von Santa Claus vernimmt. Nur die Rentiere, die zu Zugtieren ausgebildet wurden, um den Weihnachtsschlitten zu ziehen, bekommen einen eigenen Verschlag. An der Tür der Box prangt ein Schild mit seinem Namen. Er ist das älteste seiner Rentiere und ist heute noch bei den Kindern wegen seiner roten Nase beliebt. Viele Jahre war Rudolf das Leittier vor dem Weihnachtsschlitten. Santa Claus greift mit der rechten Hand in seine struppige Mähne und tätschelt ihm mit der Linken den muskulösen Hals. Donner ist derzeit das kräftigste und erfahrenste Rentier und soll in diesem Jahr seine Artgenossen vor dem Weihnachtsschlitten anführen. Zwei Wichte, die im Stall Licht sehen, kommen direkt auf den Gabenbringer zugelaufen und rudern aufgeregt mit den Armen. Santa Claus steht im Gang und schaut ihnen misstrauisch entgegen.

Herold sichert sich gleich einen Platz an der linken Seite von Santa Claus. Er ist der kleinste aller Wichte im Weihnachtsdorf und strafft den Rücken, - um größer zu erscheinen. Beide wollen ihm die schreckliche Nachricht überbringen. „Ruhig, ruhig“, herrscht Santa Claus sie an. „Ich verstehe kein Wort, was ist los?“ Rinus, der älteste und erfahrenste Stallknecht, ergreift das Wort.

Ja, es wird noch spannend.......




Leseprobe aus dem Märchen:

 „Frohe Weihnachten, Mary!“

Die wohlhabende Witwe Rosina Hamilton lebt seit vielen Jahren zurückgezogen, in einer wunderschönen alten Villa am Themse-Ufer,  mit Blick auf die London Bridge. Sie legt schon lange keinen Wert mehr auf die Feste in der vornehmen Londoner Gesellschaft, die sie früher mit ihrem Gatten James Hamilton regelmäßig besuchte. Das prächtige Haus in dem sie lebt gehörte einst ihren Eltern, die Mitte des 19. Jahrhunderts angesehene Geschäftsleute in der englischen Großstadt waren. Bildung und Eleganz der 75-jährigen spiegeln sich in vornehmer Kleidung und vorbildlicher Haltung wider. Für ihre Garderobe hat Rosina früher ein Vermögen ausgegeben, denn es war ihr wichtig zu jedem Anlass passend gekleidet zu sein.

Verträumt sitzt sie in ihrem Lieblingssessel - einem mit dunkelgrünem Samt bezogenen flauschigen Ohrensessel - vor dem Kamin im Salon, schaut in die lodernde Flamme, die an einem Holzscheit züngelt, und lauscht dem Knistern des Feuers, das eine beruhigende Wirkung auf sie ausstrahlt. Ihr schmales eben-mäßiges  Gesicht wirkt ein wenig müde und verschlossen im schwachen, flackernden Licht des Feuers.

Auf dem  kleinen Tischchen neben ihr, das mit einer gehäkelten, bodenlangen weißen Baumwolltischdecke bedeckt ist, liegt ein aufgeschlagenes Buch und ihre Lesebrille. Einige Christrosen – mit frischen Kiefernzweigen zu einem Strauß gebunden - in einer bauchigen Kristallvase – schmücken den runden Tisch. Rosina liebt die zarten Blüten der Christrose. Sie sind der Inbegriff für alles Schöne und Unschuldige. Die Christrose eröffnet im Dezember mit ihren dezenten cremeweißen, zum Teil rosafarbenen und grünlichen Kelchen den Blütenreigen.     In der hinteren Ecke des Raumes steht in einem antiken gusseisernen Ständer eine Nordmanntanne in weihnachtlicher Pracht, die mit ihrer Spitze bis an die hohe, stuckverzierte Zimmerdecke reicht.

Am Morgen hat Lady Hamilton gemeinsam mit ihrer guten Seele Ann - Mary Smith, die schon viele Jahre bei ihr wohnt und für sie arbeitet, den Baum in den Ständer eingelegt und geschmückt. Bunte Glaskugeln, Zuckerkringel, Engelshaar und rote Kerzen in silberfarbigen Kerzenhaltern, haben die gerade gewachsene Nordmanntanne in einen prachtvollen Christbaum verwandelt.  

Der stürmische Dezemberwind fegt den Schnee auseinander und rüttelt kräftig an dem Fenster im Salon, dessen Flügel bis auf den Boden reichen und durch kleine Quersprossen unterteilt sind. Ein leichtes Schaudern kriecht über den Rücken der zerbrechlichen alten Dame, die sich am offenen Feuer wohlig und gut aufgehoben fühlt. Sie dreht den Kopf und schaut hinaus. Der Wind bläst brausend dicke, weiße Flocken aus dem blauen Winterhimmel, die eine geschlossene Schneedecke im Garten bilden.                        


Rosina liebt die Zeit vor dem Fest und hängt den Erinnerungen nach, die bis in ihre Kindheit reichen. „Wie sich alles in den Jahren verändert hat“, seufzt sie ein wenig wehmütig und denkt an die Zeit zurück, in der sie selbst ein kleiner Dreikäsehoch war und sehnsüchtig auf Father Christmas - mit seinem Rentierschlitten - gewartet hat.
Sie war ein fröhlicher Wirbelwind mit langen blonden Locken und ist mit den Tugenden Aufrichtigkeit und Mut auf die Welt gekommen. Diese Eigenschaften schätzt sie auch im Alter noch an ihren wenigen Freunden und ihrer Hausdame Mary.

Neben ihr liegen die Hütehunde Ben und Dusty, die Schnauzen auf dem alten Dielenboden, doch wachsam und immer auf der Hut. Ben hebt den Kopf neugierig an, als Rosina aufsteht und vor das imposante Sprossenfenster aus Lärchenholz tritt. Eine treue, fast menschliche Seele spricht aus der Tiefe seiner Augen. Die korrekt gekleidete Lady mit dem zierlichen Gesicht und den sehnsuchtsvollen graublauen Augen rückt mit der rechten Hand ihre wellige, silberne Haarpracht zurecht und streicht mit der linken über den langen schwarzen Rock, der vom Sitzen einige Falten aufweist. Verzaubert blickt sie hinaus in den parkähnlichen Garten, der unter einer dichten Schneeschicht schlummert. Vor ihren Augen liegt eine zarte Winterlandschaft. Der Rasen schlummert unter einer feinen, weißen Decke und majestätisch türmen sich vor ihr die alten Bäume auf. Die Buchsbäumchen tragen weiße Hauben und die Zweige der großen Fichte biegen sich unter der üppigen Schneelast.

Was der alten Lady Rosina am Weihnachtsabend passiert, bleibt noch ein Geheimnis.....

Autor: Gudrun Nagel-Wiemer

 

 

 

 

 

 

 

 













































 


















































 


















































 


















































 


















































 


















































 


















































 


















































 


















































 


















































 


















































 


















































 


















































 


















































 


















































 


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